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Aus dem Gildenweg Nr. 2 / 2001

 

Titel der Zeitschrift "Unser Ziel" aus dem Jahr 1955

aus der Sammlung des Pfadfindermuseums und Instituts für Pfadfindergeschichte

 

Hauptberuf - Nebenberuf (Die liebe Zeit)

(aus "Unser Ziel", Jahrgang 1955, Heft 4)

Es gibt gewöhnliche Menschen und Feldmeister (FM); auch wer auf den Namen Akela hört, zählt mitunter zu den außergewöhnlichen. Ein normaler Mensch muß bei verschiedenen Anlässen seufzen: Ich habe keine Zeit. Aus dem Munde eines FM wirst du dies geistvolle Wort nie vernehmen: denn er bringt es fertig, mit einem Griff wie mit einer eisernen Klammer Dinge zusammenzufassen, die sich sonst wie ungleiche Pole abstoßen: Beruf, Hauptberuf, Nebenberuf, Nebenbeschäftigung und Freizeit. Damit rückt der FM zur Schar erleserner Lebenskünstler auf: er herrscht über die Zeit.

Blass nimmt sich, mit ihm verglichen, das Geschöpf aus, von dem sein teures Weib feststellt: Du hast für nichts mehr Zeit! Ganz "unten durch" ist der Mann, der seiner Ehre und Männlichkeit das Todesurteil spricht mit den Worten: "Ich muss meine Tätigkeit einstellen, weil ich nicht mehr Zeit habe." Ob sich in einem Aufsichtsrat so etwas zutragen kann? Ja! Aber das hat mit der Zeit nichts zu tun: er wechselt nur vom Aufsichtsrat zum Kegelklub, zur Tarockpartie, oder von der Rover-Rotte zum Samba-Mädchen-Zirkel: da hat er nicht Zeit - dort hat er Zeit.

Diese Einleitung mag genügen, den geneigten Leser mit dem Gegenstand des folgenden Artikels vertraut zu machen: es ist die liebe Zeit.

"Ich muss alles allein machen. Da wirst du begreifen, dass es mir mit der Zeit äußerst knapp zusammengeht."

Musst du wirklich? Du solltest besser sagen: Ich mache alles allein, weil ich es so will. So spricht der Unentbehrliche, der Mann der alles kann, der alles versteht, der alles tut; es kommt ihm nicht in den Sinn, dass andere auch etwas können und verstehen, dass andere an höheren Aufgaben wachsen und mit der Verantwotung ihren Charakter bilden. Dem "Unentbehrlichen" muss man, bevor er seine pfadfinderische Tätigkeit beginnt, recht deutlich und eindringlich vor Augen führen, was das Patrullensystem bedeutet. Darum kann man nicht oft und nicht deutlich genug die Erziehungs- und Organisationsweisheit B.P.s betonen. Lest in B.P.s grundlegendem Werk "Wie man Pfadfinder wird" nach! Es heißt dort (S. 45): "Der Hauptzweck des Patrullensystems ist, möglichst vielen Buben wirkliche Verantwortung zu übertragen." Er führt jedem Buben vor Augen, dass er für das Gedeihen seiner Patrulle persönliche Verantwortung trägt. Es gilt, die pfadfinderische Tätigkeit in den Herzen der Buben zu verankern.

Der Mann der anderen Aufgaben gibt, reißt sich los von dem Gedanken, alles selbst erledigen zu wollen. Gut planen hilft flink arbeiten und spart Zeit! Er stellt sich die Frage: "Wem kann ich eine Arbeit übertragen?"

Weißt du warum manche keine Zeit haben? Weil sie sich mit Halbheiten zufrieden geben. Halbe Arbeit befriedigt nicht: "Der Pfadfinder ... macht nichts halb."

Du musst mit der Zeit und in der Zeit wirtschaften, gewöhne dich daran, Aufgaben nie im letzten Augenblick zu machen. Willst du Zeit sparen? Halte Ordnung! "Gebrauche die Zeit! Sie geht so schnell von hinnen; Doch Ordnung lehrt euch Zeit gewinnen!